Vom Ende einer Geschichte
von Julian Barnes
erschienen: 2011
btb-Verlag, 18,99,-€ (gebundene Ausgabe)
btb-Verlag, 18,99,-€ (gebundene Ausgabe)
Für Fans von:
„Flauberts Papagei“ - Julian Barnes
„Als wir Waisen waren“ - Kazuo Ishiguro
„Chaos“ - David Mitchell
Im Jahr 2011 erschien eines meiner liebsten Bücher und wurde
zugleich mit dem Man Booker Prize ausgezeichnet- einem Preis, dem ich sehr
vertraue, da mich bislang keiner seiner Preisträger enttäuscht hat.
In diesem Monat kommt nun endlich die Verfilmung des Romans in unsere
Kinos.
Grund genug, finde ich, den Roman erneut zu lesen und
wirklich jeden ans Herz zu legen.
Vom Ende einer
Geschichte ist für mich ein kleines Kunstwerk. Es zeigt sehr gekonnt, wie gut
Literatur das Leben widerspiegeln kann und auch was ein Autor, mit viel
Fingerspitzengefühl, in der Lage ist zu erschaffen. Es handelt sich um eine
fiktive Autobiografie von Tony Webster, einem Rentner, der vielleicht aus
Resignation heraus, die Geheimnisse der Vergangenheit aufklären möchte.
Auch die Liebe war ein wichtiges Thema der Heranwachsenden.
An der Universität lernte Tony seine Freundin Veronika kennen. Die Beziehung
schien jedoch für beide nicht das perfekt zu sein. Sie scheiterte (nach einer
gefühlten Ewigkeit des Lesers) und Veronika kam schließlich mit Adrian
zusammen. Tony brach daraufhin den Kontakt zu den beiden ab und berichtet in
diesem Buch (nur 3 Seiten weiter) von Adrians Suizid, den er kaum mit seinem
Brief und seiner Absage an die Freundschaft in Verbindung bringen kann.
Alles, was nach seiner Schul- und Universitätszeit passiert,
erzählt Tony in einer Art Schaukelstuhlmanier: Ehe, Kind, Scheidung, Ruhestand.
Alles scheint dahingeplätschert zu sein, so als hätte er in seinem gesamten
Erwachsenenalter nicht mehr gelebt. Diese friedliche Ereignislosigkeit wird
durch einen Brief einer Anwaltskanzlei gestört. Ihm wird eine Erbschaft versprochen:
das Tagebuch seines verstorbenen Freundes, Adrian. Plötzlich ist Tony wie
ausgewechselt. Er hat Feuer gefangen und möchte nun allen Rätseln der Vergangenheit
auf den Grund gehen. Dies gestaltet sich jedoch als schwieriges Unterfangen,
was nicht nur an der mangelnden Hilfe von Veronika liegt sondern vielmehr an
Tonys Charakter, seinem Urteilsvermögen und Gedächtnis.
Vom Ende einer
Geschichte zeigt, dass uns das Gedächtnis Streiche spielen kann.
«...am Ende ist das, was man in Erinnerung behält, nicht immer dasselbe, was man beobachtet.»
Wir
glauben das, was wir glauben wollen; als würde uns unser Kopf vor schmerzenden
Wahrheiten und Erinnerungen beschützen wollen. Am Ende stellt sich die Frage,
was wir als Leser glauben können und vor allem ob die Wahrheit für Tony wichtig
ist. Ich glaube nicht, dass es die Wahrheit ist, die ihm am Ende doch ein wenig
verändert hat. Es war viel mehr die Suche danach, die ihn immer wieder unsicher
werden ließ. Ein stetiges Hinterfragen scheint ein guter Rat fürs Leben zu
sein; ein Training, das den Kopf wach und den Geist rein halten mag.
«Wenn man jung ist – als ich jung war – will man, dass die Empfindungen so sind wie die, von denen man in Büchern liest. Man will, dass sie das ganze Leben umkrempeln, dass sie eine neue Realität schaffen und bestimmen. Später will man, glaube ich, dass sie etwas Sanfteres tun, etwas Praktischeres, sie sollen das Leben unterstützen, so wie es ist und geworden ist. Sie sollen dir sagen, dass alles in Ordnung ist.»
In diesem Roman werden kleinste Fäden miteinander verknüpft.
Das geschieht natürlich auch in Krimis, hier jedoch wirkt es viel
authentischer. „Genau so spielt das Leben manchmal“, ist das Gefühl, das man
während des Lesens hat und dabei ist es so gar nicht langweilig. Ganz im
Gegenteil: Man möchte das Buch nicht mehr aus der Hand legen, da immer wieder
neue Puzzleteile aufgedeckt werden und man das Bild nun endlich zusammensetzen
will.
Auch die philosophische Frage nach Schicksal und Determination
kann dieser Roman auf mehreren Ebenen beantworten. Wie ihr seht, ist dies ein
kleiner aber reicher Roman. Er wird euch dazu bringen, den Stift zu nehmen und
Zeilen in euer Notizbuch zu kopieren, was nicht nur an den tollen Gedanken
sondern auch an der schwingenden Sprache von Julian Barnes liegt.
Ich habe den Roman auf Deutsch und in der englischen
Originalsprache gelesen und würde euch die englische Ausgabe ans Herz legen.
Bereits mit Blick auf den deutschen Titel, Vom Ende einer Geschichte, zweifle ich ein wenig daran, dass der
Übersetzer die eigentliche Bedeutung des Romans und des Originaltitels, The Sense of an Ending, richtig erfasst
hat.
Viele Leser waren vom Ende des Romans enttäuscht, so ging es
mir überhaupt nicht. Ich habe das Gefühl, dass das, was ans Tageslicht kommt,
glaubhaft erzählt, authentisch sowie überraschend ist. Ebenso lässt der Roman
einiges offen, was ich großartig finde, da es Raum für eigene Interpretation
und wilde Gedankengänge schafft.
Dieses Buch wird euch begeistern, wenn ihr gerne um 8 Ecken
denkt und lest sowie fordernde zugleich aber auch amüsante Romane wert schätzt. Natürlich muss es sich aber auch mit euch verbinden- ihr müsst zusammen passen wie ein altes Ehepaar.
Ich freue mich sehr auf den Kinofilm, der mit großartigen
Schauspielern wie Jim Broadbent und Michelle Dockery besetzt ist.
Neben meiner absoluten Lesempfehlung, möchte ich euch auch den Film ans Herz legen. Vielleicht bin ich etwas vorschnell aber ich wette, das Buch wurde brilliant umgesetzt! Ich werde berichten...
Mir gefallen Deine Bilder von den Büchern sehr und Dein Bericht ist sehr interessant. Weiter so!
AntwortenLöschen♥liche Grüße
Lenchen